Die Macht des Atems

Der Atem ist ein Phänomen, das die meisten Menschen als selbstverständlich nehmen. Oft bemerken wir gar nicht, wie sensibel der Atem auf alles reagiert, was im Leben geschieht: Jede Erfahrung, jeder Gedanke, jedes Gefühl hat seinen Spiegel im Atem. Ein entspannter Mensch atmet anders als ein gestresster, die sich im Mangel Fühlende nicht so, wie eine, die zufrieden ist. Gesunde atmen anders als Kranke, im Glück geht der Atem anders als im Schmerz.

«Doch der Atem ist nicht bloss ein Spiegel, vielmehr ist er auch unsere Schöpfung: Wir formen ihn durch unser Verhalten, prägen ihm sein Muster auf. Es sind unsere Gewohnheiten – unser tagtäglich eingeübtes Verhalten -, die ihm im Guten wie im Schlechten seine einzigartige Färbung geben», schreibt der Atemexperte und Yogalehrer Ralph Skuban in seinem neusten Buch «Atem».

Er geht auf die grosse Bedeutung des Atems für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ein, verbindet sein Wissen über die moderne Atemforschung mit den östlichen (Atem)Weisheiten und gibt ganz viele Übungen, damit wir bewusster atmen lernen und gesünder werden.

 

Überatmung

Eines der grössten Probleme der heutigen Zeit ist die Überatmung – regelmässig mehr atmen als notwendig ist. Da sie meist eine Gewohnheit ist, ist sie nicht akut und massiv, sondern chronisch und subtil. Ausgelöst wird sie durch die Art und Weise, wie wir leben, vor allem durch Stress. Stress bedeutet Anspannung, Unruhe, Unwohlsein und treibt den Atem an – er macht kurzatmig. Um das auszugleichen, wird der Atem schneller, lauter, mehr.

Eine weitere Ursache für das Überatmungsproblem liegt im falschen Glauben daran, dass grosse Atemzüge gesund seien. «In Wahrheit ist es so, dass beim Atmen weniger mehr ist: Der Körper ist nicht dazu gemacht, grosse Luftvolumina aufzunehmen, wenn er nicht auch entsprechend physisch aktiv ist», schreibt Skuban.

Viele Menschen – gerade auch Kinder – atmen gewohnheitsmässig durch den Mund. Das triggert die Brustatmung und braucht viel mehr Energie, weil weitere Atemmuskeln aktiviert werden. Die Nasenatmung hingegen korreliert mit der Zwerchfellatmung – die Bauchdecke und die unteren Rippenbögen weiten sich sanft. Diese natürliche Atmung ist leise, langsam und rhythmisch, zudem entspannt in der Ausatmung. Idealerweise atmen wir so viel wie möglich durch die Nase.

Im Yoga gibt es viele wunderbare Atemtechniken, auf die Skuban in seinem Buch ausführlich eingeht. Der erste Schritt ist jedoch immer die natürliche Atmung. Wer diese täglich zweimal zehn Minuten übt, tut sich und seiner Gesundheit viel Gutes: Bewusste Atemarbeit führt unter anderem zu mehr Ruhe und Gelassenheit, stärkt den Körper, hilft, die Konzentration zu verbessern und die Meditation zu vertiefen.

Ralph Skuban hat mir in einem Interview gesagt, «Atmen» sei sein wohl wichtigstes Buch. Wahrscheinlich hat er recht. Dank seinem klaren Stil und der Ganzheitlichkeit seines Ansatzes ist es ein Geschenk für alle, die sich für die Atmung interessieren – und das sollten wir eigentlich alle sein!

 

Ralph Skuban. Atmen. Heilt – entspannt – zentriert. Der Weg zur individuellen Atempraxis. O.W. Barth Verlag 2022. 336 Seiten

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Restoratives Yoga